Chorleiter Professor Wilhelm Freudenberg

Zur Person und dem Anstellungsverhältnis von Prof. Freudenberg, dem vormaligen Opernkomponisten und -dirigenten, Musikdirektor und Musiktheoretiker, geboren am 11. März 1838 in Raubacher Hütte bei Neuwied, gestorben am 22. Mai 1928 in Schweidnitz, soll an dieser Stelle berichtet werden. Es sind Zitate aus einer Arbeit von Dr. Joachim Dorfmüller über den damaligen Organisten der Gemeinde, Prof. Dr. Heinrich Reimann:

…. Reimanns Bach-Engagement führte im Vorjahr des 150. Todestages des Thomaskantors an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, im Jahre 1899, zur Gründung eines Bach-Vereins, der sich gezielt um die Aufführung von Kantaten, Motetten, Oratorien und Passionen des Leipziger Meisters bemühen sollte. Dieser Bach-Verein stand unter der Obhut der Musik-Kommission, die die Finanzierung gewährleistete. Es war allerdings auch der zweite Chor an der Kirche, denn bereits 1895 war ein Chor gegründet worden, der unter der Leitung Wilhelm Freudenbergs stand und vornehmlich gottesdienstlich-liturgische Aufgaben bestritt. Freu-denberg, dessen anerkannt hohe Musikalität eigentlich bedeutenderen Ämtern als dem eines Kirchenchorleiters hätte entsprechen sollen, war – ob neben Reimann oder nicht – kaum glücklich; als Komponist, der sich von der Neudeutschen Richtung losgesagt hatte und einer Klassizität Mozartscher Prägung zugewandt war, konnte er kaum Erfolge verbuchen, konnte sich nicht durchsetzen, so daß die Annahme der Stellung als Chorleiter der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in gewissem Sinne Ausdruck eines ‚inneren Resignierens‘ war. Wie sich die Zusammenarbeit zwischen Reimann und Freudenberg im einzelnen gestaltete, ist für die ersten Jahre nicht überliefert; doch scheint es schon vor 1905 zu Schwierigkeiten gekommen zu sein, wie einer Notiz im Bericht der Musik-Kommission des Kuratoriums entnommen wer-den muß: ‚Indessen ist die Musik-Kommission einstimmig der Ansicht, dass das Bestehen zweier Chöre nebeneinander unpraktisch ist, und dass es der Würde der Kirche entsprechend und zur Erreichung künstlerisch vollendeter musikalischer Leistung notwendig ist, dass die Errichtung eines einzigen, aus theilweise zu honorirenden Künstlern bestehenden großen Kirchencho-res angestrebt werde. Zu den Gottesdiensten genügt der kleinere Theil des Chores, dagegen muss er zu Konzerten, vor Allem zur Aufführung der kirchlichen Oratorien, über eine grosse Zahl, namentlich auch freiwilliger Kräfte verfügen.‘“

Aus gleicher Quelle erfahren wir über die Festanstellung von Prof. Freudenberg:

„…. Zwei Jahre später erfolgte die Festanstellung Reimanns an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf Grund höchster Ordre: datiert auf den 7. Juni 1899, …. Das Schreiben des Königs wurde Reimann über das Büro des Evangelischen Oberkirchenrates zu Berlin-Charlottenburg zugestellt und hatte folgenden Wortlaut: ‚Auf den Bericht vom 18. Mai dieses Jahres will Ich, nachdem die zuständigen Gemeinde-Organe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnißkirche Mir die Ernennung der provisorisch mit der Organistenstelle bezw. mit der Chordirigentenstelle bereits betrauten Personen überlassen haben, den Königlichen Bibliothekar, Prof. Dr. Reimann, zum Organisten und den Professor Freudenberg zum Chordirigenten an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnißkirche hiermit ernennen. Der Evangelische Ober-Kirchenrat hat hiernach das Weitere zu veranlassen. Neues Palais, den 7. Juni 1899 gez. Wilhelm R(ex)“ (Aus „Heinrich Reimann“; 1994, Joachim Dorfmüller)

Eine Bestätigung dieser Angaben findet sich in einem Schreiben des Königlichen Konsistoriums der Provinz Brandenburg vom 18. November 1900 und vom 11. Mai 1901: „…. Der Wilhelm Freudenberg, geboren am 18. März 1838, ist im Kantorenamt der Kirchengemeinde Kaiser-Wilhelm-Gedächtniß seit dem 15. Juni 1899 festangestellt. …. Der Wilhelm Freudenberg ist vor dem Zeitpunkt im Dienste der Kirchengemeinde als Kantor bereits angestellt gewesen seit dem 1. September 1895. ….“ 

Im Schreiben vom 11. Mai 1901 erfährt man etwas über die Bezahlung: „…. daß das Diensteinkommen auf 1.800 Mark(Anmerkung: jährlich) festgesetzt wird. …“ (Akte Professor Freudenberg Akte Chordirigent ab 1896)